Lektorat – den kleinen Teufel besiegen

Lektorat – den kleinen Teufel besiegen

Gerade geht es nicht so gut voran, ich stecke fest. Nicht in einer Schreibblockade, diese Zeit habe ich hinter mir gelassen. Die Geschichte ist fertig erzählt. Der kleine Teufel nennt sich Lektorat. Er taucht zurzeit ständig auf und sorgt dafür, dass ich einfach nicht zufrieden bin. Ich überarbeite, lasse liegen, lese und überarbeite wieder. Bei neun Büchern ergibt sich eine Endlosspirale, die mich gar nicht glücklich macht.

Dieser schmale verschlungene Weg symbolisiert mein Bücherprojekt: Das Ende ist gerade nicht in Sicht.

Wann veröffentlichst du dein Buch?

Hast du dein Buch schon veröffentlicht? Kann ich es irgendwo bestellen? Mittlerweile ist es zehn Jahre her, dass mir diese Fragen von meinen Testlesern gestellt wurden. Ich hatte zu dem Zeitpunkt viel weniger Erfahrung als heute. Glücklicherweise hat mein Instinkt diese frühe Veröffentlichung verhindert. Eine Geschichte muss reifen. Vor allem eine Geschichte, die aus dem Kopf heraus geschrieben wurde. Heute habe ich immer noch nicht veröffentlicht. Und es ist klar, dass ich nicht mehr so häufig gefragt werde. Doch ich brauche die Zeit. Ich möchte mit dem Werk erst an die Öffentlichkeit gehen, wenn ich wirklich zufrieden bin.

Anderthalb Jahre für ein Buch

Bin ich die Einzige, die so lange an einem Roman schreibt? Das Problem ist, dass ich nicht einen Roman schreibe, sondern neun. Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass ein Schriftsteller für einen Roman durchschnittlich anderthalb Jahre benötigt. Gerechnet auf meine neun Bücher, sind es 13,5 Jahre. Im Sommer 2011 habe ich mit Anna und Mike angefangen. Es wird langsam knapp. Es ist glücklicherweise niemand da, der Stress macht, denn ich möchte im Selbstpublishing veröffentlichen. Der einzige Stress bin ich selbst. Oder nicht ich, sondern der kleine Teufel, der sich Lektorat nennt.

Auf der Suche nach der besten Formulierung

Ich lektoriere oft, in meinem Butterjob. Ich bin nicht lasch und nicht übermäßig streng. Ich beurteile aus meiner Erfahrung heraus, mitunter aus dem Instinkt. Und natürlich nach Grammatik, Stilistik, Rechtschreibung und was sonst an Werkzeugen dazu gehört. Ich war überzeugt, bei meinen eigenen Büchern bekomme ich das auch hin. Doch es ist schwieriger, als gedacht. Beim Eigenlektorat bin ich streng. Und zwar so sehr, dass ich bei jedem Lesen irgendetwas veränderte. Ich weiß, das muss aufhören, denn meine Lebenszeit ist begrenzt. Ich bin noch nicht alt, aber auch nicht mehr ganz jung. Ich glaube, Rosamunde Pilcher war um die 70, als sie mit ihren Romanen berühmt wurde. Da hätte ich noch ein wenig Zeit. Doch so lange möchte ich nicht warten. Ob ich berühmt werde, liegt nicht in meiner Hand. Das Ziel heißt: Meine Bücher sollen aus der Schublade verschwinden. Doch auf der Suche nach der besten Formulierung ist das nicht immer so leicht.

Den Kreis durchbrechen

Wie kann ein Autor oder eine Autorin es schaffen, den Kreis der Unzufriedenheit zu durchbrechen? Wie ist es möglich, nach einem Lektorat, das frei von Schnitzern ist, zu sagen: Gut ist es? Dahin möchte ich jetzt kommen. Vielleicht ist so ein Eigenlektorat ein anspruchsvolles Ding und ich sollte mir professionelle Unterstützung suchen. Warum verzichte ich darauf? Ich war überzeugt, dass ich eine Arbeit, die ich für einen Kunden oder eine Kundin zur Zufriedenheit erledige, auch für mich selbst erledigen kann. Doch dazu muss ich den Kreis verlassen. Wenn die Rechtschreibung stimmt, die Grammatik auch; wenn der Ausdruck gut und die Geschichte stimmig ist, dann sollte ich sagen: Fertig ist es. An diesem Punkt muss ich jetzt ankommen. Und dann kann der erste Teil – der fertig lektoriert ist – wie derzeit geplant, im Herbst veröffentlicht werden.

Arrangement mit dem kleinen Teufel Lektorat

Ich sollte mit dem kleinen Teufel, der sich Lektorat nennt, einen Pakt schließen. Schreiben. Lektorieren. Lesen. Fertig. Und nicht: Schreiben. Lektorieren. Lesen. Lektorieren und lesen in Endlosschleife. Ein Buch zu überarbeiten, auf Fehler und Unstimmigkeiten zu untersuchen: Das ist notwendig und wichtig. Gerade im Selfpublishing achten Leser ganz genau auf die Qualität des Romans. Doch aus dem Notwendigen darf keine Endlosschleife werden. Ich habe geschrieben, lektoriert, gelesen und für gut befunden. Dann darf ich den Stempel „fertig“ darunter setzen. Und muss nicht drei Monate später diese oder jene Formulierung wieder ändern.

Ich bin nicht allein

Auch andere Autoren haben mit dem Problem der ausbleibenden Zufriedenheit zu kämpfen. Das beruhigt mich. Ich habe im Austausch mit Gleichgesinnten die Überzeugung gewonnen, dass ich mit den kleinen und größeren Problemen nicht allein bin. Ich habe sie nicht erfunden, sondern sie sind einfach da. Nicht nur bei mir. Unsicherheit, Zweifel und viele offene Fragen gehören dazu. Vor allem dann, wenn die Unterstützung durch den klassischen Verlag fehlt. Ich habe meine Romanreihe nie angeboten. Über die Gründe werde ich in einem anderen Beitrag berichten. Ich mag es, allein auf mich gestellt zu sein. Auch wenn es manchmal etwas undankbar ist.

Heute besiege ich das Teufelchen

Anna und Mike werden eine ISBN bekommen. Ich bin sicher, dass ich das Projekt zu einem guten Abschluss bringe und auch dieses Tief überwinde. Gleich werde ich ein weiteres Kapitel bearbeiten. Und den Teufelskreis verlassen. Heute fange ich damit an. Anders als Scarlett O’Hara verschiebe ich es nicht auf morgen.


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