Lektorat – den kleinen Teufel überlisten
Das Lektorat ist ein kleiner Teufel, der uns Autoren unsere kleinen Fehler und stilistischen Schwächen mit einem frechen Lächeln präsentiert. Ich nehme meine Bücher nach einer angemessenen Wartezeit wieder zur Hand und habe die Hoffnung, endlich sagen zu können: Ich bin fertig. Aber nö! Da ist wieder ein Schnitzer, der einen regelrechten Dominoeffekt auslöst. Warum macht das Teufelchen es uns so schwer? Wie kann ich den jungen Mann überlisten und mein Werk zu einem guten Ende bringen?
Lektorat in Eigenregie – eine gute Idee?
Nach dem Schreiben eines Romans folgt das Lektorat. Wir Autoren können es an einen externen Dienstleister abgeben. Oder wir lektorieren uns selbst. Zugegeben: Es ist eine Herausforderung. Ich möchte mich ihr aus drei Gründen stellen:
- Lektorin ist mein Beruf
- Ich möchte ein Werk abliefern, das komplett in Eigenregie erstellt wurde
- Ein 5.000-Seiten-Lektorat ist kein Schnäppchen
Nun ist es so, dass wir für unsere eigenen Werke und für die eigenen Fehler sozusagen betriebsblind sind. Wir sehen sie nicht, wir fühlen sie nicht. Sollten wir nicht doch einen externen Lektor beauftragen? Vielleicht. Es gibt Tricks, mit denen wir selbst Hand anlegen können.
- Wir lassen unser Werk nach dem Schreiben liegen. Möglichst ein paar Monate
- Wenn wir das Lektorat beginnen, ist die Story fertig geschrieben
- Soweit es möglich ist, versetzen wir uns in die Situation eines externen Lesers
Als ich mein erstes Lektorat begann, hatte ich den ersten Punkt erfüllt: Mein Roman hat lange gelegen und seine Reifezeit sozusagen beendet. Am zweiten Punkt bin ich gescheitert: Ich war unzufrieden, es fehlte etwas. Punkt drei ist die wahre Herausforderung: Die Begutachtung meines eigenen Werkes von außen. Somit stellt sich die Frage, ob das Eigenlektorat nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt ist?
Ein Lektor unterbreitet Vorschläge
Der Lektor ist sozusagen das Juwel, im Prozess der Fertigstellung eines Buches. Er hat den Blick von außen und kann beurteilen, ob die Handlung schlüssig und der Stil gut lesbar ist: Fehler in Rechtschreibung und Grammatik sind ein unangenehmes Laster, obwohl sie auch in Bestsellern vorkommen. Sie sind beim Eigenlektorat das geringste Problem: Mittlerweile gibt es gute Programme, die auch kleinste Fehler eliminieren.
Rechtschreibung und Grammatik müssen stimmen, da gibt es nichts zu verhandeln. Doch in Bezug auf die Handlung des Romans und den Stil des Autors unterbreitet der Lektor Vorschläge. Im Rahmen eines professionellen Lektorats ist es keine Seltenheit, dass Lektor und Autor über einzelne Sätze diskutieren. Auf diesem Weg wird das Werk in bis zur Endfassung entwickelt.
Eine Software nutzen
Wenn du ein Buch geschrieben und dich mit den Anforderungen an ein Lektorat auseinandergesetzt hast, kannst du es in Eigenregie durchführen. Ich habe mir Hilfe von der Software Papyrus Autor geholt. Das ist keine Werbung und ich bekomme keine Provision. Das Programm habe ich redlich erworben und empfehle es weiter, weil es wirklich hilfreich ist. Es ersetzt kein professionelles Lektorat. Doch es macht dich auf die Passagen aufmerksam, die eine Diskussion wert wären. Du entscheidest, ob du die Passage änderst oder stehen lässt.
Ist das Eigenlektorat denn nun eine gute Idee? Wie so viele Dinge im Leben triffst du diese Entscheidung individuell. Sammle Gründe, die dafür und dagegen sprechen. Fakt ist: Der kleine Teufel wird dich stärker foppen, wenn du ein Eigenlektorat durchführst. Was aber nicht bedeutet, dass das Ergebnis per se schlecht ist. Auch ein professionelles Lektorat kann Schwächen aufweisen.
Gefangen im Lektorat: Ein Autorenschicksal?
Soweit die Theorie rund um das Lektorat. Wie so oft, verhält es sich mit der Praxis ein wenig anders. Mich foppt der kleine Teufel seit geraumer Zeit: Es geht nicht gut voran, ich stecke fest. Nicht in der Schreibblockade, diese Zeit habe ich hinter mir gelassen. Die Geschichte ist fertig erzählt. Er taucht zurzeit ständig auf und sorgt dafür, dass ich einfach nicht zufrieden bin. Ich überarbeite, lasse liegen, lese und überarbeite wieder. Bei neun Büchern ergibt sich eine Endlosspirale, die mich gar nicht glücklich macht.
Wann veröffentlichst du endlich dein Buch?
Hast du dein Buch schon veröffentlicht? Kann ich es irgendwo bestellen? Mittlerweile ist es mehr als ein Jahrzehnt her, dass mir diese Fragen von meinen Testlesern gestellt wurden. Ich hatte zu dem Zeitpunkt viel weniger Erfahrung als heute.
Glücklicherweise hat mein Instinkt diese frühe Veröffentlichung verhindert. Eine Geschichte muss reifen. Vor allem eine Geschichte, die aus dem Kopf heraus geschrieben wurde. Heute habe ich immer noch nicht veröffentlicht. Und es ist klar, dass ich nicht mehr so häufig gefragt werde. Doch ich brauche die Zeit. Ich möchte mit meinem Werk erst an die Öffentlichkeit gehen, wenn ich wirklich zufrieden bin.
Anderthalb Jahre für ein Buch
Bin ich die Einzige, die so lange an einem Roman schreibt? Das Problem ist, dass ich nicht einen Roman schreibe, sondern neun. Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass ein Schriftsteller für einen Roman durchschnittlich anderthalb Jahre benötigt.
Gerechnet auf meine neun Bücher, sind es 13,5 Jahre. Im Sommer 2011 habe ich mit Anna und Mike angefangen. Es wird langsam knapp. Es ist glücklicherweise niemand da, der Stress macht, denn ich möchte im Selbstpublishing veröffentlichen. Der einzige Stress bin ich selbst. Oder nicht ich, sondern der kleine Teufel, der sich Lektorat nennt.
Auf der Suche nach der besten Formulierung
In meinem Butterjob lektoriere ich oft. Ich bin nicht lasch und nicht übermäßig streng. Meistens beurteile aus meiner Erfahrung heraus, manchmal aus dem Instinkt. Und natürlich nach Grammatik, Stilistik, Rechtschreibung und was sonst an Werkzeugen dazu gehört.
Ich muss gestehen: Es ist schwieriger, als gedacht. Beim Eigenlektorat bin ich streng mit mir selbst. Und zwar so sehr, dass ich bei jedem Lesen irgendetwas verändere. Das muss aufhören, meine Lebensuhr tickt. Ich bin noch nicht alt, aber auch nicht mehr ganz jung.
Rosamunde Pilcher war um die 70, als sie mit ihren Romanen berühmt wurde. Da hätte ich noch ein wenig Zeit. Doch so lange möchte ich nicht warten. Ob ich berühmt werde, liegt nicht in meiner Hand. Das Ziel heißt: Meine Bücher sollen aus der Schublade verschwinden. Doch auf der Suche nach der perfekten Formulierung ist das nicht immer so leicht.
Den Kreis durchbrechen
Wie kann es ein Autor oder eine Autorin schaffen, den Kreis der Unzufriedenheit zu durchbrechen? Wie ist es möglich, nach einem Lektorat, das frei von Schnitzern ist, zu sagen: Jetzt ist es gut! Dahin möchte ich jetzt kommen.
Vielleicht ist so ein Eigenlektorat doch ein viel zu anspruchsvolles Ding und ich sollte mir doch professionelle Unterstützung suchen. Doch ich bin immer noch davon überzeugt, dass ich eine Arbeit, die ich für einen Kunden oder eine Kundin zur Zufriedenheit erledige, auch für mich selbst erledigen kann.
Dazu muss ich den Teufel überlisten: Wenn die Rechtschreibung fehlerfrei ist, die Grammatik auch; wenn der Ausdruck gut und die Geschichte stimmig ist, dann sollte ich sagen: Fertig ist es. An diesem Punkt muss ich ankommen. Und dann kann der erste Teil – der fertig lektoriert ist – wie derzeit geplant, im Herbst veröffentlicht werden.
Arrangement mit dem kleinen Teufel Lektorat
Ich sollte mit dem kleinen Teufel einen Pakt schließen. Schreiben. Lektorieren. Lesen. Fertig. Und nicht: Schreiben. Lektorieren. Lesen. Lektorieren. Lesen in Endlosschleife. Ein Buch zu überarbeiten, auf Fehler und Unstimmigkeiten zu untersuchen: Das ist notwendig und wichtig.
Gerade im Selfpublishing achten Leser ganz genau auf die Qualität des Romans. Doch aus dem Notwendigen darf keine Endlosschleife werden. Ich habe geschrieben, lektoriert, gelesen und für gut befunden. Dann darf ich den Stempel „fertig“ darunter setzen. Und muss nicht drei Monate später diese oder jene Formulierung wieder ändern.
Ich bin nicht allein
Auch andere Autoren haben mit dem Problem der nicht vorhandenen Zufriedenheit zu kämpfen. Das beruhigt mich. Ich habe im Austausch mit Gleichgesinnten die Überzeugung gewonnen, dass der kleine Teufel allgegenwärtig ist. Ich habe seine Existenz nicht erfunden: Er ist einfach da.
Unsicherheit, Zweifel und viele offene Fragen gehören dazu. Vor allem dann, wenn die Unterstützung durch den klassischen Verlag fehlt. Ich möchte meine Romanreihe nicht anbieten. Über die Gründe werde ich in einem anderen Beitrag berichten. Ich mag es, allein auf mich gestellt zu sein. Auch wenn es manchmal etwas undankbar ist.
Anna und Mike werden eine ISBN bekommen. Ich bin sicher, dass ich das Projekt zu einem guten Abschluss bringe. Ich werde den Teufelskreis verlassen. Heute fange ich damit an. Anders als Scarlett O’Hara verschiebe ich es nicht auf morgen.
Das Teufelchen besiegen!
Gibt es einen Weg, den Teufel zu überlisten? Es gibt ihn wirklich: Er trägt den Namen Zufriedenheit. Wenn du dein eigenes Werk lektorierst, achtest du auf die Basics. Der schwierigste Tipp aus dem ersten Kapitel ist der wichtigste: Betrachte dein Werk, als wärst du ein externer Leser. Arbeite an einem inhaltlich abgeschlossenen Text. Dann läufst du nicht Gefahr, immer wieder am Inhalt zu schreiben. Denn so gerätst du in die Endlosschleife:
- Du änderst während deines Lektorats eine kleine Passage
- Dir unterläuft ein Fehler, du liest den Text noch einmal und korrigierst ihn
- Beim Weiterlesen fällt dir auf, dass der Stil der geänderten Passage nicht passt
- Du änderst den Stil, dir unterläuft wieder ein Fehler
- Du liest den Text und korrigierst ihn
Dieses Szenario liebt der kleine Teufel: Du kommst aus der Korrekturschleife nicht heraus und wirfst im schlimmsten Falle ein ganzes Kapitel über den Haufen. Plötzlich häufen sich die Formulierungen und die Änderungen nehmen überhand. Doch wie verhinderst du das Zurückgleiten in die inhaltlichen Änderungen?
- Schließe die inhaltliche Bearbeitung ab, bevor du das Lektorat beginnst
- Lass zwischen der inhaltlichen Korrektur und dem Lektorat einige Wochen vergehen
- Beim Lektorat ist der Inhalt tabu! Konzentriere dich auf Rechtschreibung, Grammatik und Stil
Mit der strikten Trennung von inhaltlichen Korrekturen und dem Lektorat kannst du das klügste Teufelchen überlisten. Und wenn es doch zurückkehren sollte: Lege deinen Roman weg. Gibt deinem Werk Zeit. Dies gilt vor allem dann, wenn du auf Eigenregie setzt. Mit dem nötigen Abstand kann es dir gelingen, wesentliche Schwachstellen aus deinem Buch zu eliminieren.