Ein Buch schreiben: Mein Weg zum Ziel

Ein Buch schreiben: Mein Weg zum Ziel

Ich möchte ein Buch schreiben und mein Werk veröffentlichen. Das ist ein klar formulierter Wunsch mit einem eindeutigen Ziel. Doch warum ist der Weg dorthin so steinig? Laufe ich in die richtige Richtung oder übertreibe ich, wenn ich behaupte, dass ich mich mit meiner Romanreihe auf der Zielgeraden befinde? Ich muss zugeben: Es geht nicht so richtig voran. Eine neue Figur hat mein Herz erobert und noch einmal alles durcheinander geworfen. Nun muss sie einen Platz in neun Romanen finden. In meinem Kopf ist alles fertig, auf dem Papier noch nicht. Ist das Ende irgendwann in Sicht? Wie gelingt es, ohne Lektor oder externen Berater einen Abschluss zu finden?

Autorin im Selbstverlag – der steinige Weg zum Ziel

Die guten Nachrichten nennen wir ja gern zuerst. Also beginne ich mit der frohen Kunde, dass meine Anna-und-Mike-Ennealogie fertig ist. Eigentlich. Denn das kleine Wort „fertig“ ist ein dehnbarer Begriff. Für mich bedeutet fertig, dass die Handlung aufgeschrieben, in sich abgeschlossen und inhaltlich überarbeitet ist. Jetzt folgt die schlechte Nachricht: Reif für die Veröffentlichung ist sie noch nicht. Der Weg zum Ziel ist steinig und leider viel länger, als ich es geplant hatte.

Seit vier Jahren soll meine Romanreihe den Weg in das Verzeichnis der lieferbaren Bücher finden. Von Anfang an stand fest, dass ich die Ennalogie im Selfpublishing herausbringe und keinen Verlag suche. Doch immer wieder habe ich einen Rückzieher gemacht. Ich war nicht zufrieden. Mein Profil auf Instagram, das gut gestartet ist, schläft seit mehr als drei Jahren. Das ist schade, denn der Austausch war interessant und inspirierend. Doch die Zeit fehlt dafür.

Erst schreiben – dann veröffentlichen

Ich habe mich früh entschieden, die Veröffentlichung erst dann zu realisieren, wenn die Romanreihe fertig geschrieben ist. Es hätte eine Alternative gegeben: Ich schreibe einen Band, veröffentliche ihn, schreibe den zweiten und so weiter. Viele Autoren handhaben es so. Das ist ein guter Weg: Der Leser bekommt die Geschichte in Etappen angeboten. Das baut Spannung und eine Erwartungshaltung auf.

Ich hatte bei dieser Variante Bedenken, dass der Faden abreißen könnte. „Anna und Mike“ ist mein Erstling, ich habe keinerlei Erfahrung. Dann schreibe ich die Handlung ohne Plot aus dem Kopf. Was ist, wenn ich am Ende merke, dass ich am Anfang etwas ändern möchte? Mein Instinkt war gut: Der erste Band ist seit Jahren fertig, hatte später trotzdem noch einmal eine umfangreiche Überarbeitung erfahren.

Planlos zum Ziel

Ich bin ein Kopfschreiber. Ich kenne keinen Plot, keine Tabellen und keinerlei Planung. Die Geschichten kommen zu mir. Das ist manchmal anstrengend. Zum Beispiel dann, wenn die Ideen aufs Papier wollen und im Butterjob ein volles Auftragsbuch wartet. Da werden die Nächte lang.

Der siebte Teil funktionierte nicht. Ich schrieb ihn um. Es entstand eine neue, eine sehr berührende Story. Doch nun war das Buch zu lang. Ein Roulette begann. Die drei letzten Kapitel des siebten Teils wanderten in das achte Buch. Die drei letzten Kapitel des achten Teils wurden Teil des neunten Buchs. Die Story bekam einen Abschluss, der jetzt wirklich ein Abschluss ist. Auf der Zielgeraden wartet das Lektorat. Es geht zurück in den ersten Teil. In die Jugendzeit. In die DDR. Der letzte Schritt vor der Veröffentlichung.

Ein roter Faden wäre nicht schlecht

Manchmal wünschte ich mir, dass mein umfangreiches Werk einen roten Faden gehabt hätte, an dem ich mich entlang hangeln kann. Im Austausch mit anderen Autoren, aber auch aus der Literatur weiß ich, dass ich mit der Entwicklung einer Geschichte ohne Planung nicht allein bin. Es ist eine von mehreren Optionen, Geschichten aufs Papier zu bringen.

Der Vorteil des Kopfschreibens liegt darin, dass du deine Bücher recht schnell entwickelst. Eher fertig bist du aber nicht, denn du wirst das Werk etliche Male überarbeiten. Das hält mich nicht davon ab, neue Geschichten wieder ohne Skizze niederzuschreiben. Ich kann es nicht anders! Letztlich wirst du dein Buch eines Tages in der Hand halten, egal, welchen Weg du gehst: Den Roman aus dem Kopf und das Werk mit dem umfangreichen Plot. Es sei denn, du gibst dein Projekt auf.

Eine Geschichte muss reifen

Es ist eines der Probleme, die ich als Kopfschreiber habe: Der Roman ist erzählt. Frisch geschriebene Kapitel lege ich zunächst für einige Wochen weg. In dieser Zeit kümmere ich mich um andere Projekte. Ich bin der Meinung, dass eine Geschichte reifen muss. Ich arbeite ohne Lektor und muss den distanzierten Blick auf mein Werk selbst realisieren. Das funktioniert für mich nur mit Zeit, die ich zwischen dem Schreiben und dem Lektorat einbaue.

Die „Reifezeit“ meiner Romane ist einer der Gründe, wegen derer ich die Veröffentlichung meiner Romanreihe schon mehrfach angekündigt und wieder verschoben habe. In Verbindung mit der fehlenden Erfahrung und dem Schreiben ohne Plot gingen bislang dreizehn Jahre ins Land. Die Urfassung aus den 1990er-Jahren rechne ich dabei nicht mit. Über die Entstehung meiner Romanreihe habe ich einen separaten Artikel geschrieben: Wie aus einem Buch neun Bände wurden, kannst du dort lesen.

Eine Figur in die fertige Handlung schreiben

Die Reifezeit des fertigen Werks rief immer noch Unzufriedenheit hervor. Dann arbeitete der Kopf und mir war klar: Es braucht eine weitere Figur, um die Handlung zu vollenden. Ich wusste sofort, wie sie heißt, wie alt sie ist und welche Rolle sie in meinem Roman spielen soll. Es handelt sich um eine Frau, die Anna sehr nahe steht und die es mir möglich macht, die Geschichte zu vertiefen. Ich bin überzeugt: Mit dieser Figur ist meine Romanreihe komplett. Es gibt nur noch ein einziges Problem: Sie muss in den fertigen Plot integriert werden.

In den ersten beiden Büchern ist mir das sehr gut gelungen, dort spielt die neue Figur eine wichtige Rolle. Dann wird es etwas weniger, was aber ganz normal ist: Die Nebenhandlungen wechseln in den einzelnen Büchern. Mal haben Figuren eine größere Bedeutung, mal eine kleinere. Ich denke aber, dass Leser, die nicht wissen, welche Figur die Handlung komplettiert, keinen Bruch bemerken. In meinem Kopf läuft die Handlung, als gehörte die Figur schon immer dazu.

Im Austausch mit anderen Autoren erkannte ich, dass derartige Änderungen schwierige Experimente sein können. Ob es mir gut gelungen ist, wird der Leser entscheiden. Nach meiner langen Überarbeitungsphase würde ich dir doch zu einem Plot raten, wenigstens in einer groben Form. Ich glaube, du ersparst dir viel Arbeit.

Immer diese Änderungen!

Nach der Fertigstellung der Erstfassung und der Eröffnung meines Instagram-Accounts vernetzte ich mich mit anderen Autoren und sammelte Eindrücke, für die ich bis heute sehr dankbar bin. Der beste Tipp war eine Software, die mich beim Lektorat unterstützte. Sie förderte Schwächen zutage, die ich allein nicht erkannt hätte. Es handelt sich um den Papyrus Autor, der unter der Assistenz von Andreas Eschbach entwickelt wurde. Das Programm ersetzt keinen Lektor und es ist auch sehr komplex. Du kannst darin deinen kompletten Roman entwickeln. All dies brauche ich nicht. Doch die Tipps für das Lektorat sind wirklich grandios.

Leider ist das Programm nicht gerade günstig. Du erwirbst eine lebenslange Lizenz, was auf dem Softwaremarkt fast ungewöhnlich ist. Ich persönlich finde diese Lösung nicht so gut: Nach der Veröffentlichung einer neuen leistungsfähigeren Version muss ich nochmal 150 EUR zahlen. Fakt ist, dass du für deine Änderungen Unterstützung benötigst. Wenn du keinen Lektor beauftragen möchtest, ist das Programm in meinen Augen alternativlos. Und nein, ich möchte keine Werbung schalten, sondern wirklich von meinen Erfahrungen berichten.

Ein wichtiger Tipp: Gnadenlos streichen

Für einige Zeit habe ich fest gesteckt, ich bin einfach nicht weitergekommen und habe nach Expertentipps gesucht. Nun biete ich Dienstleistungen als Lektorin an, aber für das, was wir selbst geschrieben haben, sind wir oft betriebsblind. Da ich mich für ein Eigenlektorat entschieden habe, gibt es niemanden an meiner Seite, mit dem ich mich austauschen könnte. Doch es gibt sehr gute Literatur, und so habe ich mir Ratschläge von Elisabeth George und von James N. Frey geholt, die mir sehr weitergeholfen haben. Wenn du wie ich als Einzelkämpfer unterwegs bist, kann ich dir diese Bücher ohne Einschränkungen empfehlen. Ich bekomme kein Geld für diese Werbung, ich habe sie selbst gekauft, gelesen, und sie haben mir in vielen Kleinigkeiten wirklich weitergeholfen.

Einer der wichtigsten Tipps, die von Elisabeth George kamen, betrafen das gnadenlose Streichen all der Szenen, die deine Handlung nicht weiter bringen. Sie spricht von einer Geschwätzvermeidungsstrategie. Dabei handelt es sich um die Übersetzung eines englischen Begriffs. Die „GVS“ hat sich tief in meinem Kopf verankert. Tatsächlich sind aus meinen Büchern viele Seiten herausgefallen, und tatsächlich hat das Streichen die Handlung lebendiger und frischer gemacht.

In einem der Bücher, ich habe mittlerweile eine ganze Regalreihe voll mit Autorenratgebern, steht, dass es einen guten Autor ausmacht, wenn er in der Lage ist, selbst Geschriebenes wieder zu entfernen. Würde sich die Qualität eines Autos nur daran messen, dann wäre ich ganz passabel, denn ich habe sehr viel gestrichen und es hat nicht wehgetan.

Die Wirkung des lauten Lesens

Das laute Lesen hat eine äußerst erstaunliche Wirkung. Diese Weisheit kommt nicht von mir, doch ich kann sie bestätigen. Du merkst beim Vorlesen sofort, welche Stellen zu lang sind und welche holprig klingen. Der Nachteil liegt darin, dass das Vorlesen sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Hilfreich ist es, wenn du jemanden an deiner Seite hast, der sich dein Werk gern vorlesen lässt und mit dem du die Inhalte besprechen kannst. Doch das nimmt viel Raum in Anspruch und ist häufig nicht zu realisieren.

Mein Tipp wäre, dass du dir oder einem vertrauten Menschen die Stellen vorliest, die du als kritisch empfindest. Selbst wenn du allein bist, hilft dir das laute Lesen, Inhalt und Stil auf eine etwas zeitintensive, aber dennoch recht verblüffende Weise zu verbessern.

Ich führe ein Doppelleben

Das Schreiben von Büchern ist für mich mehr als nur ein Hobby. Es ist eine Parallelwelt. Ein Doppelleben. Eine Berufung. Geschichten, die im Kopf sind, müssen raus. Schreiben kann manchmal chaotisch sein. Doch ich könnte ohne all das nicht leben. Wenn meine Romanreihe fertig sind, wenn sie endlich „funktioniert“, wenn ich zufrieden bin, dann öffne ich meine Schublade und hole das nächste Manuskript raus. Ich glaube nicht, dass ich aufhören kann. 

Keine Biografie, aber meine Geschichte

Die Inspiration für meine Geschichten ziehe ich aus dem Leben. Ein Junge, den ich mit vierzehn kennenlernte und der zur Armee musste, wurde zu Mike. Ein Bekannter, der in seiner langen Ehe bekennend unglücklich war, zu Steve. Paul, der Protagonist eines fertigen Romans, der seit Jahren in meiner Schublade liegt, verpasste als junger Erwachsener sein Outing. Der Mann, der mich zu dieser Geschichte inspirierte, stand mir einmal freundschaftlich sehr nah. Vielleicht ist das ein Grund, warum dieser Roman die Schublade noch nicht verließ.

Ein spätes Mädchen

Anna und Mike wird meine erste Veröffentlichung. Mittlerweile habe ich Enkelkinder. Ich war eine sehr junge Mutter und wurde in einem Alter Oma, in der meine Sandkastenfreundin ihr erstes Baby bekam. Meine Oma würde sagen, ich wäre ein spätes Mädchen, bei meinem Buchbaby, was ich zur Welt bringen möchte. Doch ich mag die Herausforderung. Es ist ein Abenteuer, auf das ich mich wie ein kleines Kind freue. Dennoch wechseln sich Freude und Wehmut bei dem Gedanken ab, dass ich meine beiden Protagonisten bald ziehen lassen muss.

Ein Leben als Schriftstellerin?

Machmal denke ich: Wie geht es weiter, wenn meine Romanreihe fertig ist? Vielleicht möchte sie keiner lesen, dann ändert sich wenig. Doch es könnte ja sein, dass der eine oder andere Leser meine Geschichte mag. Dann müsste ich raus, aus meiner Deckung. Doch ich bin eine Individualistin. Ich fühle mich hier, auf meinem Blog, und in meiner Schreibstube am wohlsten. Ob ich jemals eine Lesung halten werde? Ich weiß es nicht.

Bislang stehen diese Gedankenspiele noch nicht zur Debatte. Ich liebe das Schreiben, es ist ein Hobby, das mich begleitet, seit ich etwa vierzehn Jahre alt bin, und es ist eines, das mir glückliche Momente beschert. Im Moment zählt nur das. Ich habe für mich beschlossen, Anna und Mike nicht in der Schublade verschwinden zu lassen, und ich sehe ein Ziel, am Ende des Weges. Was danach kommt? Ich bin sehr gespannt und lasse es einfach auf mich wirken.

Keine zu große Erwartungshaltung

Die Erwartungshaltung ist gering, denn ich kenne den Buchmarkt und die Nadel im Heuhaufen. Im Moment möchte ich das Werk fertigstellen, ihm eine ISBN geben und es als Exemplar in die Deutsche Nationalbibliothek verwenden lassen. Das geschieht automatisch, mit jedem veröffentlichtem Werk. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Autor einen Verlag findet oder den Weg des Selfpublishings geht.

Planlos habe ich angefangen, jetzt hat meine Geschichte ein Format, von dem ich sage: Ja, das ist so, wie ich es mir vorstelle. Alles andere liegt nicht in meiner Hand. Ein Freund sagte einmal zu mir, eine Buchveröffentlichung wäre wie die Blätter des Farns, die wir als Teenager abpflückten. Er liebt mich, er liebt mich nicht. Er mag mein Buch, er mag es nicht.

In diesem Sinne wünsche ich dir auch für dein Projekt ein gutes Gelingen. Mein wichtigster Tipp: Zeige dein Werk erst dann der Öffentlichkeit, wenn du dich wirklich sicher fühlst. Wenn es kneift, setzt dich noch einmal ran. Es kommt der Tag, an dem du sagst: Ich habe meinen Roman beendet.


© Jette G. Schroeder