Mutter mit 40 – zu alt für ein Kind?
Ist eine Mutter mit 40 zu alt für ein Kind? Eine pauschale Antwort mit „ja“ oder „nein gibt es auf die Frage nicht. Wie bei allen Lebensfragen kommt es auf die Frau, ihre Familie und auf die Gründe für die späte Mutterschaft an. Ist das Kind lange gewünscht, hat es schon ältere Geschwister oder war es eine Entscheidung, weil die biologische Uhr tickt? In diesem Artikel geht es um die Vorteile, die Nachteile und die Risiken der späten Mutterschaft für Mama und Kind. Vielleicht hilft er dir, in deiner persönlichen Lebenssituation eine Antwort auf diese ganz persönliche Lebensfrage zu finden.

Ist eine Mutter mit 40 zu alt für ein Kind? Eine pauschale Antwort gibt es auf die Frage nicht. Aber es gibt Vorteile, Nachteile und Risiken, die jede Frau kennen sollte
Der Trend zur späten Mutterschaft
Die Anzahl der Frauen, die nach ihrem 40. Geburtstag ein Baby bekommen, steigt kontinuierlich an. Während Ärzte die späte Schwangerschaft kritisch betrachten, schwärmen Stars und Sternchen in bunten Magazinen und in den sozialen Medien von ihrem Babyglück. In der Regel wurde das Kind auf natürliche Weise gezeugt und alles verlief glatt. So wird es auch bei Frauen sein, die ein Leben abseits der Öffentlichkeit führen. Dennoch: Die späte Schwangerschaft birgt Risiken und soziale Folgen für das Kind. Beides möchte ich in meinem Artikel offen ansprechen.
Dabei will ich dich keineswegs verunsichern. Späte Kinder sind ein Geschenk und wachsen in vielen Familien mit sehr viel Liebe auf. Dank der modernen Medizin hast du alle Chancen, auch nach deinem 40. Geburtstag ein gesundes Baby zu bekommen. Nur ist alles ein bisschen anders, als mit 20 oder 30.
Was die Statistik sagt
Schauen wir uns zunächst die Statistiken an: In Deutschland werden Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes immer älter. Im Jahre 2022 lag das Durchschnittsalter bei 31,7 Jahren. Zehn Jahre zuvor waren die Frauen 29,1 Jahre alt. Dabei gibt es große regionale Unterschiede: In Großstädten und Ballungsgebieten sind die Frauen älter als im ländlichen Bereich. In Ostdeutschland bekommen Frauen früher Kinder als im Westen des Landes.
Schauen wir in die EU: Dort liegt das Durchschnittsalter bei der Geburt des ersten Kindes in den westeuropäischen Ländern ähnlich wie in Deutschland jenseits der 30 Jahre. In Bulgarien und Rumänien sind es vier Jahre weniger: Die jungen Mütter sind bei der Geburt ihres ersten Kindes zwischen 26 und 27 Jahre alt.
Knapp drei Prozent der Kinder, die in Deutschland geboren werden, haben eine Mutter, die 40 Jahre oder älter ist. In den 1980er-Jahren lag die Quote bei 1,1 Prozent. Somit ist der Trend zur späten Mutterschaft deutlich sichtbar. Doch was sagt die Medizin dazu?
Risiken für Schwangerschaft und Geburt steigen mit dem Alter
Die Meinung der Frauenärzte ist eindeutig: Aus medizinischer Sicht ist eine Frau mit 40 Jahren zu alt für ein Kind. Die Gemeinschaft „Frauenärzte im Netz“ positioniert sich ganz klar: Der Körper sagt Nein. Biologisch betrachtet, liegt das optimale Alter für eine Mutterschaft zwischen 20 und 30 Jahren. Das liegt daran, dass die Anzahl und die Qualität der Eizellen kontinuierlich abnimmt. Selbst wenn eine Frau mit 40 Jahren auf natürlichem Wege schwanger wird, liegt das Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, bei 70 Prozent.
Die Anzahl der genetischen Defekte steigt ebenfalls an. Nehmen wir das Down-Syndrom, die Trisomie 21: Im Alter von 20 Jahren ist eine von 1.433 Müttern von dem Gendefekt bei ihrem Baby betroffen. Ist die Mutter 40 Jahre alt, liegt die Statistik bei 1/85. Dieser deutliche Anstieg der Wahrscheinlichkeit lässt sich auch auf andere Gendefekte übertragen.
Mit 40 Jahren ein gesundes Kind
Angst müssen diese Zahlen dann doch nicht bereiten: Es gibt viele Frauen, die bei der Geburt ihres Kindes 40 Jahre oder älter sind und ein gesundes Kind zur Welt bringen. Prominente Frauen machen es vor: Schauspielerin Caroline Beil bekam mit 50 Jahren eine Tochter von einem 16 Jahre jüngeren Mann. Sie betonte, dass das Baby auf natürliche Weise entstand. Und sie sagte dazu:
Klar bin ich 70, wenn das Kind 20 ist. So what?
Schauspielerin Caroline Beil (50) zur Geburt ihrer Tochter
Ob das Kind mit 20 Jahren die gleiche Meinung vertritt, vor allem dann, wenn es einmal selbst Kinder hat, denen die Großeltern fehlen werden, schauen wir uns gleich noch an. Wenn du diese Berichte von den glücklichen Ü40-Müttern liest, solltest du sie, wie alle Nachrichten, aus der Promiwelt, kritisch betrachten. Es mag stimmen, dass Frau Beil auf natürliche Weise Mutter wurde. Es gab Ärzte, die dies bezweifelten. Ob die Schauspielerin die Wahrheit sagt, weiß nur sie selbst.
Die Möglichkeiten der modernen Medizin
Die Reproduktionsmedizin ermöglicht viel. Was in Deutschland aus ethischen Gründen verboten ist, kann im Ausland realisiert werden. Im Jahre 2015 brachte eine 65-jährige Berlinerin Vierlinge zur Welt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits 13 Kinder. Sie ließ sich in der Ukraine künstlich befruchten und in den ersten beiden Lebensjahren ihrer Kinder vom Fernsehsender RTL begleiten. Die Überforderung der Frau wurde in diesen Berichten überdeutlich deutlich. So schaffte sie es nicht, mit ihnen auf den Spielplatz zu gehen. Die Kritik war scharf, sie zog sich aus der öffentlichen Wahrnehmung zurück.
Es ist „ein gewagtes Experiment am Menschen“.
Klaus Vetter, ehemaliger Leiter der Geburtsklinik am Vivantes-Klinikum Berlin, zur Mehrlingsschangerschaft der 65-jährigen Mutter
Nicht alles, was medizinisch möglich ist, muss um jeden Preis realisiert werden. Die Vierlingsmutter wird das Erwachsenenalter ihrer Kinder vielleicht gar nicht erleben. Sie sind früh auf sich allein gestellt. Eine Konsequenz, die viele Kinder später Mütter tragen müssen.
Abgesehen von der künstlichen Befruchtung gibt es die Möglichkeit, Gendefekte durch Tests oder eine Fruchtwasserspiegelung bereits in der Frühschwangerschaft zu erkennen. Bei eindeutiger Feststellung einer schweren Behinderung des Kindes ist eine Abtreibung auch nach der zwölften Schwangerschaftswoche möglich.
Nur wenige prominente Frauen geben zu, dass sie erst nach einigen Anläufen schwanger wurden. Meistens hat es sofort geklappt und fühlt sich wunderbar an. Die Realität ist manchmal etwas komplizierter. Lass dich bitte nicht von der schillernden Welt der Stars und Sternchen leiten!
Ist eine Mutter aus der Sicht der Medizin zu alt für ein Kind? Eindeutig ja!
Doch solltest du deshalb auf eine späte Mutterschaft verzichten? Das sicher nicht. Doch es ist wichtig, dass du dir der medizinischen Risiken bewusst bist, vor allem dann, wenn du dein erstes Kind bekommen möchtest. Hast du bereits Kinder, kennst du deine Aufgaben und die Veränderung, die ein Baby für dein Leben bedeutet. Dein Körper kennt die Schwangerschaft. Alles ist ein kleines bisschen einfacher.
Schwangerschaft und Geburt – engmaschig überwacht
Ab deinem 35. Geburtstag bist du aus der Sicht der Ärzte eine Risikoschwangere. Du wirst engmaschig überwacht. Termine in der Schwangerenberatung und Untersuchungen des ungeborenen Babys sind häufiger. Wenn du einen anstrengenden Beruf hast oder ein Risiko für dich oder dein Kind bestehen könnte, musst du mit einem Beschäftigungsverbot rechnen. In seltenen Fällen liegst du über einen Zeitraum von mehreren Wochen, um das Baby möglich lange im Mutterleib zu halten. Manchmal rät dein Frauenarzt zum Schutz des Babys zu einem Kaiserschnitt. Mehrlingsschwangerschaften nehmen mit steigendem Alter der werdenden Mutter zu und erhöhen das Risiko von möglichen Komplikationen.
Die ständige Kontrolle als Belastung
Das ist kein Trailer zu einem Schicksalsfilm, sondern es ist die Realität, auf die du dich bei einer späten Schwangerschaft einstellen musst. Ich habe meine Kinder in einem sehr großen Abstand bekommen: 14 Jahre lagen zwischen meiner ersten und der letzten Geburt. Ich war eine junge Mutter und hatte das für Mediziner kritische Alter von 35 Jahren bei meiner letzten Schwangerschaft nicht erreicht. Dennoch wurde sie engmaschig überwacht, weil ein Blutwert nicht stimmte. Es war eine enorme Belastung: Alle zwei Wochen Ultraschall, immer wieder neue Spekulationen über mögliche Erkrankungen.
Am Eindringlichsten ist mir die Feindiagnostik in der 20. Woche in der Berliner Charité in Erinnerung geblieben. Ich wollte das Geschlecht meines Babys erfahren und bekam ein Foto, auf dem zu sehen war, dass ich einen Jungen erwartete. Weil die Proportionen meines Babys nicht stimmten, zählte mir der Arzt die Krankheiten auf, die infrage kämen. Sehr monoton, so, als spräche er über ein Bauprojekt, das Schwierigkeiten bereitete. Unter anderem erwähnte er das Turner-Syndrom, medizinisch Monosomie X. In meinem Kopf arbeitete es, ich habe ja eine medizinische Ausbildung. Trat diese Fehlbildung nicht nur bei Mädchen auf? Und hatte er mir nicht gerade ein Foto meines Jungen gegeben?
Meine vorherigen Schwangerschaften waren unbelastet und einfach nur schön. Bei der letzten wurde ich durch die ständigen Untersuchungen um die Vorfreude gebracht. Unser Sohn wurde gesund geboren. Später zeigte sich eine Schwerhörigkeit auf einem Ohr, die ihn, er ist heute erwachsen, in seinem Leben nicht beeinträchtigt. Mein Frauenarzt äußerte die Vermutung, dass es die vielen Ultraschalluntersuchungen gewesen sein könnten, die das Innenohr geschädigt hätten. Für das Baby im Mutterleib ist es, als würde eine U-Bahn in den Bahnsteig einfahren. Der HNO-Arzt wies das zurück. Fakt ist: Wir haben mit Ausnahme der Altersschwerhörigkeit bei den Senioren unserer Familie keine erblichen Vorbelastungen.
Ist die Schwangerschaft für Mütter ab 35 eine größere Belastung? Auch hier gilt ein eindeutiges Ja als Antwort.
Auch, wenn du es selbst nicht so empfindest: Die engmaschige Überwachung ist nicht schön. Du kannst sie natürlich ablehnen. Aber wer tut das schon?
Wenn die Tests ein Risiko zeigen
Bist du bei deiner Schwangerschaft 35 Jahre oder älter, bietet dir dein Frauenarzt Tests an. Sie sollen die dir Gewissheit bieten, dass dein Kind gesund ist. In den meisten Fällen ist das bei späten Müttern der Fall. Doch was tust du, wenn die Tests ein negatives Ergebnis zeigen? Wenn du die Gewissheit bekommst, dass dein Kind nicht gesund sein wird?
In der Regel forschen die Tests nach Gendefekten. Einige errechnen eine Wahrscheinlichkeit, andere haben eine hohe Sicherheit. Dazu zählt die Untersuchung des Fruchtwassers, die Amniozentese. Bei dieser wird eine winzige Menge des Fruchtwassers über die Bauchdecke der Mutter entnommen. Die Punktion birgt ein geringes Risiko einer Fehlgeburt: Eine von 1.000 Frauen ist statistisch betroffen. Und es kann Fruchtwasser abgehen, wenn sich die Eihaut nicht wieder verschließt. Doch auch das kommt sehr selten vor.
Viel schwieriger ist die Entscheidung, die du treffen musst, wenn du durch die Fruchtwasseruntersuchung die Gewissheit bekommst, dass ein Gendefekt bei deinem Kind vorliegt. Möchtest du es bekommen oder nicht? Und wenn du dich dagegen entscheidest: Was macht es mit dir, wenn du bei einer Spätabtreibung dein totes Kind zur Welt bringen musst?
Es ist eine Sorge, mit der glücklicherweise nur wenige Mütter konfrontiert sind. Aber es trifft nicht immer nur die anderen. Es kann jede Frau treffen. In der Regel klären die Ärzte sehr gut über die Risiken und Folgen der Untersuchung auf. Aber wenn du Pech hast und einen Mediziner erwischst, der wenig einfühlsam ist, dann ist es gut, wenn du dir vorab eigene Gedanken gemacht hast.
Wenn eine Spätabtreibung für dich nicht infrage kommt, kannst du auf die Untersuchungen verzichten. Zudem haben Gendefekte häufig eine erbliche Komponente. Gibt es sie in beiden Familien nicht, ist das Risiko geringer und die Untersuchung nicht zwingend notwendig. Dein Arzt wird dich entsprechend beraten.
In der Mitte des Lebens Eltern werden – die Gründe
Es gibt verschiedene Gründe, aus denen sich Mütter und auch Väter für eine späte Elternschaft entscheiden. In unserer weit entwickelten Gesellschaft wird es zunehmend schwieriger, im biologisch optimalen Alter zwischen 20 und 30 Jahren Kinder zu bekommen. Eine gute Ausbildung dauert lange. Das Leben ist teuer, beim Einstieg in das Berufsleben sind die Gehälter oft niedrig. Junge Menschen haben so viele Möglichkeiten, dass sie sich nicht schon im frühen Erwachsenenalter an eine eigene Familie binden möchten. Junge Partnerschaften wechseln häufiger: Kaum jemand heiratet seine Jugendliebe. Der Lebensentwurf ist im 21. Jahrhundert nicht mehr nur auf die Familie ausgerichtet. Der Beruf, die individuellen Interessen, die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit sind vielen jungen Menschen sehr wichtig. Sie möchten sich nicht zu früh binden.
Paare möchten zunächst Sicherheit und ein schönes Heim, bevor sie eine Familie gründen. Der Aufbau der Karriere dauert oftmals viele Jahre. Partnerschaften gehen auseinander. Plötzlich steht der 40. Geburtstag an und die Familienplanung muss verwirklicht werden, bevor es zu spät ist.
Weitere Gründe für die späte Elternschaft können sein:
- Unerfüllter Kinderwunsch mit jahrelangen Behandlungen
- Eine Zweitbeziehung mit dem Wunsch nach einem gemeinsamen Kind
- Der richtige Partner wurde erst spät im Leben gefunden
- Eine ungeplante Schwangerschaft
- Die Angst, im Leben einen wichtigen Abschnitt zu verpassen
Es gibt ganz viele Kinder älterer Mütter, die gesund und glücklich aufwachsen. Weder die frühe noch die späte Mutterschaft ist eine Garantie für den besten Start ins Leben. Dennoch kann die späte Mama nach der Geburt vor einer besonderen Herausforderung stehen. Viele Frauen erleben mit ihrem Baby das pure Glück. Für andere ist die Umstellung auf ein Leben als Mama schwieriger. Vor allem dann, wenn es das erste Kind ist.
Die späte Mutterschaft – Glück und Herausforderung
Du hattest eine schöne Schwangerschaft, dein Baby ist gesund. Bist du bereits Mutter, hast du Erfahrung und Routine mit der Babyzeit und den Veränderungen in deinem Alltag und in deiner Familie. Doch beim ersten Kind, können die ersten Monate zu einer Herausforderung werden. Zwei Geschichten aus dem Alltag möchte ich dir erzählen. Beide Mamas waren bei der Geburt ihrer Kinder um die 40 Jahre alt.
Probleme mit dem neuen Leben
Ich nenne die Mama Yvonne. Die Beziehung zu ihrem Lebensgefährten war glücklich, das Kind gewünscht. Sie bezogen eine schöne Wohnung. Schwangerschaft und Geburt verliefen gut. Yvonne ließ die Amniozentese machen, sie wollte das Risiko eines Gendefekts ausschließen und hätte das Kind im Falle einer Behinderung nicht bekommen.
Ein Jahr blieb sie zu Hause. Schon in dieser Zeit vermisste sie ihr altes Leben. Sie hatte eine gute Ausbildung, reiste viel und pflegte einen großen Freundeskreis. Sie liebte ihr Baby, aber sie hatte Probleme, sich mit den Einschränkungen anzufreunden, die ein Kind mit sich bringt. Nicht mehr spontan abends weggehen oder mit Freunden ein langes Wochenende verbringen. Großeltern, die mitbetreuen konnten, gab es nicht mehr.
Yvonnes Leben drehte sich fortan um Organisation. Wer kann das Kind nehmen, wann kann ich Zeit für mich freischaufeln? Es wurde noch schwieriger, als sie sich von dem Vater ihres Kindes trennte. Mit jedem Jahr kam ein bisschen Freiheit zurück, die Beziehung zu dem Kind war eng und von viel Liebe geprägt. Dennoch hatte es Yvonne nie geschafft, sich von ihrem Leben, das sie vorher lebte, zu lösen. Immer wieder klang Wehmut durch und Stress aufgrund der notwendigen Organisation.
Als das Kind älter wurde, fiel Yvonne das Loslassen schwer. Sie hatte sich so sehr auf ihre Rolle als Mama und Organisatorin festgelegt, dass sie ihr Kind nicht in die Selbstständigkeit entlassen konnte. Es fungierte als Ersatz für den fehlenden Partner. Jetzt war wieder Zeit für das alte unabhängige Leben, doch Yvonne konnte es für sich nicht annehmen. Das Kind war ihr größtes Geschenk, doch es hatte ihren eigenen Weg nachhaltig verändert.
Das späte Elternglück
Die zweite Mama bekommt den Namen Collin. Sie hatte ihren Mann erst später im Leben kennengelernt. Aufgrund des fortgeschrittenen Alters, er war bereits Mitte Vierzig, drängte der Kinderwunsch und erfüllte sich recht schnell. Collin arbeitete in der Reisebranche, sie hatte viel von der Welt gesehen. Sie gab ihren Beruf auf und konzentrierte sich mit der Schwangerschaft voll auf ihre Mutterrolle. In dieser ging sie auf. Der Abschied von ihrem alten Leben und von ihren vielen Reisen fiel ihr nicht schwer. Sie genoss gemeinsam mit ihrem Mann ihr spätes Elternglück, das Kind war der Mittelpunkt des Lebens.
Kurz dachten sie über ein zweites Kind nach, entschieden sich aufgrund des Alters jedoch dagegen. Collin hatte in der Schwangerschaft nur wenige Untersuchungen vornehmen lassen. Sie wollte das Baby so annehmen, wie es geboren wurde. Ein zweites Mal wollte sie, inzwischen älter als 40, das Glück nicht herausfordern.
Mit drei Jahren kam das Kind in einen Kindergarten, Collin begann, halbtags zu arbeiten. Sie wirkte sehr agil und voller Energie. Das Kind bereicherte das Leben von Collin und ihrem Ehemann. Entbehrungen oder Sehnsucht nach dem alten Leben gab es bei beiden nicht. Auch bei Collin gab es keine Großeltern, die mitbetreuen konnten. Sie schuf sich ein Netzwerk mit anderen Eltern und kleine Freiräume, wenn das Kind mit Freunden spielte. Dieses Netzwerk ersetzte die fehlenden Geschwister. Die Veränderung des Alltags durch das Kind war für Collin und ihren Mann ein spätes Geschenk.
Wenn schon Kinder im Haushalt leben
An dem Beispiel von Yvonne und Collin siehst du, dass eine späte Mutterschaft ganz unterschiedlich wahrgenommen werden kann. Leben bereits Kinder im Haushalt, können die Wahrnehmung und der Umgang mit der späten Mutterschaft wieder ganz anders sein. In vielen Familien geht aus einer Zweitbeziehung noch einmal ein Kind hervor. Oder ein Paar, das schon lange zusammen ist, möchte ein weiteres Kind, weil die Geschwister schon älter sind.
Gibt es bereits Erfahrungen mit älteren Geschwisterkindern, sind die Probleme mit der Umstellung auf das Leben mit einem Baby kleiner. Die Nachzügler haben den großen Vorteil, dass sie nicht allein aufwachsen. Wenn du dich für dieses Familienmodell entschieden hast, ist es ganz wichtig, die Geschwister eng aneinander zu binden. So behält das jüngste Kind später eine Familie, wenn du es in seiner Lebensmitte allein lassen musst.
Gibt es Vor- und Nachteile der späten Elternschaft?
Grundsätzlich gilt: Ein Kind sollte in der Familie willkommen sein. Es braucht Zeit und Liebe. Dem Kind ist es egal, wie alt die Eltern sind. Es wächst in seinem Umfeld auf und kennt es nicht anders. Wenn überhaupt, sind es andere Kinder oder andere Eltern, die es darauf aufmerksam machen. Das ist bei ganz jungen Eltern im Übrigen nicht anders: Teenager-Mütter sind ebenso Blicken und Kommentaren mancher Zeitgenossen ausgesetzt. Damit setze ich mich in einem anderen Artikel auseinander.
Es gibt einige Dinge, die späte Eltern ihren Kindern besser mitgeben können. Ich möchte sie als Vorteil umschreiben, was natürlich nicht heißt, dass junge Eltern nicht Ähnliches vermitteln können. Und es gibt Nachteile. Doch du sollst nicht auf ein Kind verzichten solltest, weil dies oder das anders ist als bei einer jungen Elternschaft. Ich möchte einfach nur beides einander gegenüberstellen.
Vorteile für Kinder später Eltern
Da ich selbst eine sehr junge Mama war, kann ich die Erziehung und das Aufwachsen der Kinder ganz gut vergleichen. Wir waren unbekümmert, haben uns um die Lenkung unserer Kinder wenig Gedanken gemacht und eher aus dem Bauch heraus agiert. Anders ging es auch gar nicht: Wir hatten mit knapp 20 Jahren einfach nicht die Reife, die wir bei unserem jüngsten Kind mit Anfang 30 mitbrachten. Deshalb sind unsere Kinder in ihren Charakteren auch sehr unterschiedlich.
Für Kinder ist es gut, wenn sie Grenzen kennen und wenn sie auf ihrem Weg geleitet werden. Hier haben späte Eltern Vorteile. Das mag daran liegen, dass es häufig Einzelkinder oder Nachzügler sind, die die ganze Aufmerksamkeit ihrer Eltern beanspruchen können. Wichtig ist, die Kinder nicht zu sehr zu verwöhnen.
Späte Eltern geben den Kindern Erfahrung, Struktur und sie lenken anders. Sie wachsen eher in gesicherten finanziellen Verhältnissen auf. Da es oft Wunschkinder sind, bekommen sie sehr viel Liebe und Aufmerksamkeit. Viele Eltern haben, ähnlich wie Collin, keine Probleme, ihr altes Leben loszulassen. Sie haben es über viele Jahre ausgelebt und sind nun bereit, für die Familienzeit.
Gibt es Nachteile?
Ich bin mit 40 Jahren das erste Mal Großmutter geworden, sechs Jahre später ein zweites Mal. Somit hatte ich ein Alter, das andere Mütter bei der Geburt ihres Kindes haben. Was ich an Erfahrungen mitnehmen konnte, führte dazu, dass mir die Kinder später Eltern oft leid taten.
Mir fehlte die Energie, die ich mit 20 oder 30 Jahren noch hatte. Zwanzig Mal die Treppe zur Rutsche im Spaßbad hochlaufen, um die Wette rennen, Fußball spielen, Verstecken, im Wald toben: All diese Dinge haben wir als junge Eltern mit unseren Kindern eingehend praktiziert. Abends gab es noch genug Kraft, um Abendbrot zu kochen, zu baden, die Kids ins Bett zu bringen.
Nach einem Tag mit den Enkeln waren wir platt. Sie sind lebhaft, das waren unsere Kinder auch. Und wir haben die gemeinsame Zeit immer genossen. Doch wir sind in punkto Energie an unsere Grenzen gekommen und lagen abends auf dem Sofa. Abendbrot kochen oder Kinder ins Bett bringen wäre schwierig gewesen. Dabei war es immer ein klassisches Großelternprogramm und kein Marathon, den wir gemeinsam veranstaltet hatten: Zoo, Radtouren, Einkaufen, Kino, ein Tagesausflug oder Berlin unsicher machen.
Gesellschaftsspiele anstelle von Fußball im Park
In einer Diskussion zu diesem Thema schrieb eine Frau, dass wir Großeltern durch unsere eigene Elternschaft bereits ausgelaugt sind. Deshalb hätten späte Eltern mehr Energie. Das lasse ich mal so stehen, ich kann es nicht beurteilen.
In einem interessanten Beitrag eines späten Vaters stand hingegen zu lesen, dass er mit seinem Sohn überwiegend Gesellschaftsspiele spielte. Weil die Energie für Fußball im Park nicht mehr vorhanden sind. Das deckt sich mit meinen Erfahrungen. Gesellschaftsspiele lieben wir im Übrigen auch. Mit den Kindern und mit den Enkeln.
Kann es als Nachteil bezeichnet werden, wenn Kinder mit ihren Papas Monopoly spielen, anstelle im Park ein Fußballmatch zu absolvieren? Wohl nicht. Weil Kinder Zeit und Aufmerksamkeit brauchen. Egal, wo und wie sie diese bekommen.
Warum tun mir die Kinder später Eltern dennoch ein bisschen leid? Weil sie diese frische Unbekümmertheit, die wir als junge Eltern bei unseren Kindern hatten, nicht kennen. Vielleicht ist das nur meine Wahrnehmung und meine Erfahrung. Aber je älter wir werden, desto mehr Pausen benötigen wir, um uns zu regenerieren. Die Leistungsfähigkeit lässt nach. Was wir mit 20 oder 30 geben können, geht mit 40 oder 50 nicht mehr. Deshalb möchte ich als Nachteil der späten Elternschaft bezeichnen.
Die Zukunft der Kinder
Kommen wir zurück auf die Aussage der Caroline Beil. Sie wird 70 Jahre alt sein, wenn ihre Tochter den 20. Geburtstag feiert. So what?, sagte sie dazu lapidar. Es ist bekannt, dass die Tochter einen acht Jahre älteren Halbbruder hat. Vielleicht kann dieser ihr das Stück Familie geben, das ihr fehlen wird, wenn die Mutter nicht mehr da sein kann.
Es steht außer Frage, dass auch Kinder junger Eltern früh zu Halbwaisen oder Waisen werden können. Der Unterschied liegt darin, dass es sich in diesem Fall um ein tragisches Schicksal handelt. Wird die Tochter von Caroline Beil ihren 30. Geburtstag noch mit ihrer Mutter feiern können? Und was empfindet sie, wenn sie ihrer Mama ihre eigenen Kinder nicht mehr vorstellen kann? Wenn sie ihnen sagen muss, dass die Großeltern schon lange tot sind?
Wie wichtig sind die Großeltern?
Dass Großeltern für Kinder sehr wichtig sind, ist unbestritten. Ja, es gibt viele Kinder, die ohne Großeltern aufwachsen. Weil die Familie zerstritten ist, weil es nach einer Trennung keinen Kontakt gibt oder weil sie für eine enge Bindung zu weit weg wohnen. Doch wer mit 40 oder 50 Mutter wird, nimmt es von Anfang an in Kauf, dass die Großeltern das Enkelkind nur eine sehr kurze Zeit begleiten können. Hat es keine Geschwister, kann das Vermissen ein großes Problem darstellen.
Kinder nehmen ihre Lebenswelt an, wie sie ist. Zunächst werden sie Dinge, die sie nicht kennen, nicht vermissen. Doch ihre Lebenswelt erweitert sich spätestens mit dem Eintritt in die Schule. Dann kann es sie traurig machen, wenn die Freunde mit den Großeltern eine intensive Zeit verbringen, sie selbst aber keine haben.
Dieses „So What“ von Caroline Beil finde ich sehr egoistisch. Für sie mag es kein Problem sein, wenn sie beim 20. Geburtstag ihrer Tochter 70 Jahre alt ist. Wie ihre Tochter das empfindet, ist ihr offenbar nicht so wichtig. Wir leben nicht in einem luftleeren Raum und wir können nicht verhindern, dass andere Menschen Einfluss auf unser Leben haben. Wenn sie gesagt hätte, dass sie ziemlich alt sein wird, beim 20. Geburtstag ihrer Tochter, aber trotzdem alles geben möchte, um die Lücken der späten Mutterschaft zu füllen, dann wäre das ein tolles Statement gewesen. Aber das ist meine Meinung. Gern kannst du mir deine mitteilen: Über die Kommentarfunktion oder persönlich.
Und was ist mit den späten Vätern?
Wie so häufig, betreffen Diskussionen und Kritik überwiegend die späten Mütter. Doch was ist mit den Vätern? Es gibt nicht wenige Männer, deutlich später als mit 40 Jahren Vater werden: Zum ersten Mal, oder sie gründen mit einer jüngeren Frau eine Zweitfamilie. Das biologische Risiko ist bei älteren Vätern auch vorhanden: Nicht nur die Menge und Qualität der Eizellen nimmt mit zunehmendem Lebensalter ab, sondern auch die der Spermien. Im Unterschied zur Frau müssen die Männer die Kinder aber nicht austragen und sie bleiben bis ins hohe Alter zeugungsfähig.
Die späte Vaterschaft hat ähnliche Auswirkungen auf das Kind wie die Mutterschaft jenseits der 40: Die Kinder profitieren von der Lebenserfahrung, aber sie müssen bei einigen Papas Abstriche in der persönlichen Leistungsfähigkeit machen. Dies gilt vor allem in Familien, in denen der Mann der Hauptverdiener und beruflich sehr stark ausgelastet ist.
Das Alter kann Krankheit und Leid mit sich bringen
Traurig für die Kinder sind Schicksale wie das des Schauspielers Heinz Hoenig: Er wurde mit 69 und 71 Jahren mit einer deutlich jüngeren Frau Vater zweiter Söhne. Als diese im Kleinkindalter waren, erkrankte er schwer. Die Ehefrau musste ihn pflegen, er hatte nicht die Möglichkeit, sich um die Kinder zu kümmern. Auch dieses Schicksal solltest du zumindest einkalkulieren, wenn du dich gemeinsam mit deinem Partner für eine ganz späte Elternschaft entscheidest: Das Alter kann Krankheit, Leid und einen frühen Tod mit sich bringen. Auch in diesem Fall muss der überlebende Partner die Kraft haben, sich um die Kinder in dem Maße zu kümmern, wie es für ein glückliches und möglichst unbeschwertes Aufwachsen erforderlich ist.
Alles im Leben hat seine Zeit
Manchmal sprechen wir in der Familie oder im Freundeskreis über die junge und ältere Mutterschaft. Als junge Mutter und junge Großmama gebe ich auf Nachfrage den Rat:
Bekommt Eure Kinder nicht zu spät!
Alles im Leben hat seine Zeit. Die Biologie hat sich etwas dabei gedacht, dass sie Frauen in einem jungen Alter die Möglichkeit gibt, ein Kind zu empfangen und auf die Welt zu bringen. Sie wollte, dass die Mütter Energie haben, um Schwangerschaft, Geburt und erste Lebensjahre gut zu meistern. Sie sollen ihre Kinder begleiten, bis sie erwachsen sind und auf eigenen Füßen stehen können. All dies kann die Mutter mit 40 natürlich auch leisten. Doch es ist mit mehr Risiken verbunden. In der Schwangerschaft und auch während der Mutterschaft. Mit zunehmendem Alter können Krankheiten auftreten.
Eine 30 Jahre alte Mutter kann ihr Kind länger begleiten als eine 40 Jahre alte Frau. Sie kann ihre Enkel kennenlernen und aufwachsen sehen. Das ist für beide Seiten ein wichtiges Band im Leben. Die junge Mutter hat vielleicht weniger Lebenserfahrung, aber doch mehr Energie, um das Leben mit dem Kind zu meistern.
Ja, es gibt Menschen, die jung sterben müssen. Ich verlor meinen Vater, als ich 21 Jahre alt war. Er war 30, bei meiner Geburt. Aber es ist glücklicherweise eine Ausnahme. Bei späten Eltern ist es eine Gewissheit.
Ist eine Mutter mit 40 zu alt für ein Kind?
Das „ja“ überwiegt, in meiner persönlichen Analyse: Schwangerschaft und Geburt stellen ein größeres Risiko dar, das zunehmende Lebensalter und die möglichen Krankheiten ebenso. Späte Mütter können ihren Kindern ein Mehr an Lebenserfahrung mitgeben, wovon die Kinder ohne Zweifel profitieren. Doch die Kinder haben oft eine Kindheit ohne Großeltern und gleichaltrige Geschwister. Vielleicht interpretiere ich diesen Teil des Lebens über, weil ich selbst eine sehr intensive Zeit mit meinen Großeltern habe und selbst eine engagierte Oma bin.
Letztlich kommt es auf den Lebensentwurf an: Soll noch schnell ein Kind geboren werden, weil deine biologische Uhr tickt oder weil du Angst hast, im Alter allein zu sein? Möchtest du dir in einer neuen späten Partnerschaft einen Herzenswunsch erfüllen? Hat es endlich geklappt, nach vielen Jahren des Hoffens?
Wichtig ist meiner Meinung nach, dass du nicht nur an dich, sondern auch an dein Kind denkst. „Ich bin 70 … so what?“ ist eine Mischung aus Arroganz und Egoismus. Die Tochter von Caroline Beil hat das Glück, einen jungen Papa zu haben. Doch wenn du und dein Partner älter sind, beziehe dein Kind in deine Überlegung ein. Kannst du ihm so viel mitgeben, dass es die Dinge, die ihm verwehrt sind, niemals vermissen wird? Die Beantwortung dieser Frage mit einem „ja“ ist ein wichtige Voraussetzung, für den späten Kinderwunsch.
Fazit: Alt ist eine Mutter mit 40
Bleiben wir aus biologischer, medizinischer und gesellschaftlicher Sicht ehrlich: Mit 40 Jahren ist eine Mutter alt. Auch wenn sich die Anzahl der späten Mütter weiter nach oben bewegt, stellen sie in ihrer Gesamtheit nur einen kleinen einstelligen Prozentsatz. Die meisten Kinder haben jüngere Eltern. Das kann in der Schule oder im Freundeskreis ein Thema sein. „Warst du gestern mit deiner Oma in die Schule?“, lautet eine klassische Frage. Oder auch nicht, denn ich habe es ganz anders erlebt: Auf dem Spielplatz fragte mich ein Kind: „Warum sagt das Mädchen denn Oma zu dir?“ Das deutet doch darauf hin, dass junge Omas heute eher auffallen, als späte Mütter.
Ob eine Mutter zu alt ist, kann niemand beantworten. Es wäre anmaßend und würde keiner Frau gerecht werden. Denn letztlich liegt die Entscheidung bei dir und niemandem sonst.
Ich persönlich bin mit meiner sehr frühen Mutterschaft immer sehr glücklich gewesen. Ja, meine Jugend war kurz. Aber ich begleite meine Kinder ein langes Stück und sehe meine Enkel aufwachsen. Wenn ich das durchschnittliche Lebensalter einer Frau erreiche und meine Enkel einen Kinderwunsch verspüren, kann ich noch meine Urenkel aufwachsen sehen.
Meine Mutter war das sechste Kind, sie hatte späte Eltern. Sie wuchs ohne Großeltern auf und hatte eine sehr enge Beziehung an ihre Mutter. Sie verlor sie mit Mitte 40 und hätte sie gern noch länger bei sich gehabt. Alle Geschwister sind verstorben, von ihrer Herkunftsfamilie ist sie allein zurückgeblieben. Im Alter begann das Vermissen, obwohl sie mit ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln eine große Familie hat.
Ohne Zweifel hat die späte Elternschaft Vorteile. Doch es gilt, die Risiken und Nachteile zu bedenken. Wichtig ist, dass das Kind eine unbeschwerte und glückliche Kindheit hat und optimal auf den Weg ins Leben vorbereitet wird. Das können junge und späte Mütter gleichermaßen leisten. Der Weg wird aber ein anderer sein.
Ein Kind ist sichtbar gewordene Liebe.
Novalis

© Jette G. Schroeder